Habt ihr euch schon mal Gedanken darüber gemacht, was euer Körper so wert ist? Ein Arm oder ein Bein, vielleicht sogar eine Niere oder gar eure Zurechnungsfähigkeit? Nicht? Ich schon, und ich kann euch sagen, das ist eine verzwickte Sache.
Seit mehr als zwei Jahren nun diskutieren wir mit der gegnerischen Versicherung. Erst ging es um die allgemeine Haftung – thank god haben sie diese ja übernommen – seit vielen Monaten versuchen wir nun, die verschiedenen Posten zu regulieren.
Da gibt es natürlich den Verdienstausfall, das gestaltet sich bei mir mehr als kompliziert, da sie meinen Business Plan bisher nicht anerkannt haben (das Business war ja noch nicht ‚aktiv‘), meinen alten Job akzeptieren sie auch nicht, da ich da ja ausgestiegen bin und komplett die Branche gewechselt habe.
Des Weiteren gibt es den Haushaltsführungsschaden, sprich: Man bekommt einen Ausgleich für all die Dinge im Haushalt, die man aufgrund von Behinderung nicht stemmen kann.
Vorgestreckte und laufende Rechnungen (Krankenhauszuzahlung, Physiotherapie, Unfallkosten, Medikamente usw.) müssen natürlich auch bezahlt werden.
All diese Punkte sind ‚eigentlich‘ recht eindeutig zu regeln.
Und dann gibt es da natürlich noch das Schmerzensgeld. Für all die Verletzungen, Schmerzen, Behinderungen und Schäden, die an meinem Körper entstanden sind. Wer bestimmt eigentlich, was ein zerquetschter Fuß wert ist? Oder ein Rippenbruch? Ganz zu schweigen von der Posttraumatischen Belastungsstörung.
Im Netz kursieren diverse Listen mit bereits gefällten Urteilen zum Schmerzensgeld. Daran orientiert man sich grob. Aber ist das wirklich ausreichend? Ich kann ganz bestimmt sagen: Nein. Gut, Geld ist jetzt das Einzige, was ich aus der ganzen Sache rausschlagen kann. Aber wie viel denn nur? Egal, wie sehr ich auch darüber nachdenke, es reicht einfach nicht. Gerade für die PTBS gibt’s nur ein paar Tausend Euro. Für einen Schaden, der niemals wieder behoben werden kann. Für Ängste, die zwar mit viel Arbeit und Therapie in den Griff zu kriegen sind, die aber niemals (!) ganz weg gehen werden.
Für meinen Fuß mit sämtlichen nicht revidierbaren Schäden wird irgendwann eine Summe auf dem Papier stehen. Vielleicht 10.000 Euro, vielleicht 15.000, wenn ich Glück habe. Damit ist alles abgegolten. Ich kann nochmal nachfordern irgendwann, aber nur, wenn tatsächlich eine Verschlechterung eintritt. Vielleicht geht es ja nur mir so, aber es fühlt sich alles so falsch an. Wie kann denn Gesundheit mit Geld aufgewogen werden? Und noch einmal – wer hat das Recht, das zu entscheiden und wieso?
All diese Gedanken beschäftigen mich schon lange, aber natürlich gibt es einen Grund, warum ich sie heute aufschreibe. Die Versicherung hat mir geschrieben und möchte gerne ein Regulierungsgespräch führen. Das heißt, sie möchten mir einen Vergleich anbieten. Und für dieses Gespräch muss ich mir Gedanken machen, was mein Körper denn eigentlich wert ist. Und egal, wie lange ich darüber nachdenke, ich schaffe es einfach nicht, irgendwelche Zahlen aufs Papier zu schreiben. Ich wusste, dass der Tag irgendwann kommen wird, an dem wir alles final regulieren, aber dass es mir so schwer fällt, abschließend irgendwelche Summen zu fordern, hätte ich nicht gedacht. So lange die Posten noch offen sind, fühlt es sich so an, als käme da irgendwie noch ‚ganz viel‘. Und nun soll dieses ‚ganz viel‘ benannt werden.
Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als mich auf die Erfahrung meiner Anwältin zu verlassen und darauf zu vertrauen, dass sie das Maximum für mich rausschlagen wird. Auch wenn das niemals genug sein wird…