Der ewige Blog

Einmal im Jahr bekomme ich diese eine Nachricht: Bitte bezahlen Sie die Rechnung oder Ihre Seite www.januartag.de wird stillgelegt. Offline. Adresse weg. Over.

Jedes Jahr denke ich: Ach komm, das olle Ding. Die Texte hast du gespeichert. Braucht kein Mensch mehr. Blogs sind eh out. Weg damit.

Dann gucke ich mir die Statistik an. 617 Views in den vergangenen 12 Monaten. Lächerlich, denkt ihr. Krass, denke ich. Warum? Erzähle ich gleich.

Dieser Blog ist damals entstanden, weil so viele Menschen, meine Freunde und Freundinnen und Herzensmenschen, geographisch überall verstreut, Anteil genommen haben an dem, was mir passiert ist. Und weil sie wissen wollten, wie es mir geht und ich nicht in der Lage war, mit allen Kontakt zu halten. Ich habe einfach alles aufgeschrieben und veröffentlicht und alle konnten es lesen.

Und auch, weil ich nicht wusste, wohin. Mit mir, dem Schmerz, meinen Gedanken. Das Schreiben hat mir geholfen. Es war ein Teil meiner Verarbeitung.

Irgendwann habe ich aufgehört zu schreiben. Es fühlte sich einfach nicht mehr richtig an. Ich hatte auch das Gefühl, dass ich nichts mehr zu sagen habe. Hier, in diesem Medium.

Und trotzdem ist alles noch da, neun Jahre später. Und zwar nicht für 617 Views. Sondern für die eine Person, die auf meinen Blog stößt und genau das findet, was sie sucht, braucht. Sich nicht mehr alleine fühlt. Für diese eine Person wird dieser Blog bleiben.

Ich wäre damals gerne diese Person gewesen, ich hätte so etwas gerne gefunden und gelesen. Ich habe damals alle Seiten, Foren und Blogs durchwühlt und „meinen Blog – als Leserin“ nicht gefunden. Ich hab mich wahnsinnig einsam gefühlt.

Und fühle mich das oft immer noch. Ich suche seit neun Jahren nach dem Menschen, dem etwas Vergleichbares wie mir passiert ist. Bisher erfolglos.

Aber vielleicht findet diese Person mich ja eines Tages, vielleicht genau hier.