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Das Hier und Jetzt

Jede Sekunde kann über Leben und Tod entscheiden. Ein falscher Schritt, eine unvorsichtige Bewegung, ein betrunkener Autofahrer, eine glatte Fahrbahn. Nur wenigen Menschen ist dies so bewusst wie mir seit dem Unfall.

Genau das ist ja auch ein Großteil der Angst, die ich habe. Dass jede Sekunde des Lebens potentiell tödlich ist. Und auf der anderen Seite ist dieses Bewusstsein der Grund dafür, dass ich glückliche Momente so unglaublich intensiv erleben kann. Ich habe neulich über das Glücklichsein geschrieben und wie wenig ich mittlerweile brauche, um Glück zu empfinden. Dafür bin ich unglaublich dankbar, es ist ein echter Zugewinn.

Aber ist es wirklich so einfach, nur in der Gegenwart zu leben? Ist es überhaupt möglich? Jede Entscheidung, die wir treffen, betrifft ja eigentlich nicht die Gegenwart, sondern die Zukunft. Alles, was wir jetzt tun, beeinflusst unsere nächste Lebenssekunde. Ist es da nicht auch fahrlässig, gar nicht über den nächsten Schritt nachzudenken?

Was ich ganz sicher nicht mehr tue, ist, Dinge aufzuschieben und auf den „richtigen“ Moment zu warten. Denn den gibt es meistens nicht. Wenn ich etwas tun möchte, tue ich es jetzt. Aber was ist mit den Dingen, die jetzt gut sind, aber es vielleicht irgendwann nicht mehr sein könnten?

Ich habe mich in den letzten Tagen dabei ertappt, über etwas nachzudenken, was ausschließlich die Zukunft betrifft. Im Hier und Jetzt fühlt es sich genau richtig an. Und es macht mich sehr glücklich. In der Zukunft aber könnte es sich eventuell als „falsch“ herausstellen. Wenn ich also jetzt entgegen meines Bauchgefühls entscheide, handel ich dann nicht komplett gegen meine Überzeugung? Worum genau es geht, spielt übrigens überhaupt keine Rolle. Es kann eine Jobentscheidung sein, ein Umzug, eine Partnerschaft, eine Freundschaft, eigentlich alles Mögliche. Ganz banal gesagt, könnte es die Entscheidung sein, sich jetzt komplett mit Schokolade vollzufuttern, weil man eben grad so großen Appetit drauf hat, obwohl man eigentlich genau weiß, dass man hinterher schreckliche Bauchschmerzen haben wird. Würdet ihr die Schokolade trotzdem essen? Ich eigentlich schon, trotzdem habe ich mich in den letzten Tagen gegen die „Schokolade“ entschieden, obwohl ich mir nicht mal sicher bin, ob ich tatsächlich Bauchschmerzen gekriegt hätte. Und wer weiß denn eigentlich schon, ob nicht dieses eine Mal ein Wohlgefühl statt der Bauchschmerzen gekommen wäre. Und – ihr kennt es bestimmt – wenn man sich die Schokolade komplett verbietet, möchte man sie doch eigentlich nur noch umso mehr (herrlich anschauliches Beispiel, findet ihr nicht auch?).

Das wurmt mich sehr. Und es ist eine völlig neue Sichtweise auf mein jetziges Leben. Ich habe große Zweifel, ob das „im Hier und Jetzt leben“ überhaupt funktioniert. Ob es möglich ist, das mein Leben lang durchzuhalten. Und ob es nicht vielleicht wirklich fahrlässig ist, sich gar keine Gedanken über die Konsequenz des eigenen Handelns zu machen.

Ich werde noch eine Weile daran rumknabbern und hoffentlich zu einer befriedigenden Antwort kommen. Zumindest ist es ein weiterer Prozess des Verarbeitens und des Wachsens an mir selber und an den seltsamen Geschichten, die das Leben schreibt. Ich bin unglaublich gespannt und auch ein bisschen ängstlich, was da noch kommen wird.

1 Gedanke zu „Das Hier und Jetzt“

  1. Pingback: Leben vs Überleben | januartag

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